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Übersetzt von: Mag. Nicole Schmalwieser
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Es ist beinahe Mittag als wir in Brüssel ankommen. Die Reise erschien endlos,
vor allem für mich, da ich im Bus nicht schlafen kann. Während der Fahrt hatten
wir immer wieder andere Karawanen mit Juventusfans überholt, die wir lautstark begrüßten.
Als wir uns der Stadt näherten stieg die Zahl der „weißschwarzen“ Busse unbeschreiblich
stark an: es war eine richtige Flut von Juvefans, und - auch wenn es nur Einbildung
war - so konnten wir schon alleine deshalb auf ein erfolgreiches Spiel hoffen.
Der Parkplatz, der für uns reserviert worden war, ist riesig und voll von Fans.
Ich suche bekannte Gesichter, aber ich weiß, es hat keinen Sinn. Nur ich, Gino und
Fabio sind mit dem Bus hierher gefahren, die anderen Fans haben das Flugzeug genommen
– die Glücklichen! Wir suchen die Hinweisschilder für das Stadion. Die gibt es aber
nicht, oder vielleicht sehen wir sie auch nicht; wir folgen also dem Strom der „Weißschwarzen“
– einer wird schon wissen wo es ist. Kurz eine Fotopause vor dem Atomium:
ich habe es tausend Mal in den Geografiebüchern gesehen. Es aber in der Realität
zu sehen, hat eine gewisse Wirkung auf mich.
Endlich kommen wir in die Nähe des Stadions: von außen erscheint es mir nichts
Besonderes; ich hoffe drinnen ist es besser. Auf den Wiesen rundherum befinden sich
unglaublich viele Fangruppen. Einige schlafen, manche essen, andere lesen die
Gazzetta. Als wir näher kommen, hören wir die hitzigen Gespräche der tausenden
Trainer. Jeder hat seine eigene Aufstellungstheorie und seine eigene Spieltaktik;
nur die Hoffnung, dass sich die Niederlage von Athen nicht wiederholt, verbindet
uns.
Ich, vorsichtig wie immer, will den Eingang unseres Sektors finden, um nicht
unvorbereitet zu sein wenn sie die Gittertore öffnen. Gino und Fabio lachen mich
aus, aber sie schließen sich bei meiner Suche an. Wir nähern uns dem Stadion und
beginnen an ihm entlang zu gehen. In der Nähe der Tribüne, die die Haupttribüne
sein müsste, befinden sich Absperrungen. Hier darf man nicht vorbei. Wir weichen
also großräumig aus und nähern uns einer Kurve. Ist das unsere? Ganz in die Suche
vertieft, haben wir nicht bemerkt, dass sich die Farbe der umliegenden Wiesen verändert
hat: von grün, weiß und schwarz in grün und rot. Hier sind die Liverpoolfans. In
meiner illusorischen Hoffnung, dass mein weißschwarzes Hemd und jenes von Fabio
nicht ganz so auffallen (als ob das Auswärtshemd von Gino mit dem Ariston-Logo,
dem „Scudetto“ und den Sternen wie ein normales Poloshirt aussehen würde…) gehen
wir weiter. Ich kann nicht darauf verzichten die Gesichter der englischen Fans heimlich
zu mustern; immer mit der Befürchtung den Ausdruck einer Bedrohung zu entdecken
und in der Hoffnung eines verschwörerischen Lächelns.
Ein junger Mann entfernt sich von einer großen Gruppe und nähert sich uns. Er
lächelt schüchtern, zeigt auf mein Hemd und spricht mich an. Donnerwetter! Wie anders
ist doch seine Sprechweise als die von meiner Professorin in der Schule! Obwohl
ich nur die Hälfte seiner Worte verstehe, so habe ich doch begriffen, dass er sein
Hemd gegen mein Hemd tauschen will. Warum nicht? Vielleicht hatte ich schon auf
so etwas in der Art gehofft, und wahrscheinlich genau deshalb habe ich mir außer
dem offiziellen Hemd auch eine Imitation bei einem Verkaufsstand vor dem „Comunale“
vor dem Spiel gegen Bordeaux gekauft. Wir tauschen. Ihre Hemden sind schön, in einem
Rot das Leidenschaft ausdrückt; wer weiß wann sich Juve dafür entscheiden wird,
für die Hemden von der Stange auch so einen glänzenden Stoff zu verwenden. Wir geben
uns die Hand und verabschieden uns. Ich wünsche ihm: „Good luck“, aber ich meine
es nicht ernst – zumindest nicht heute Abend.
Wir setzen unsere Suche fort; wir erreichen fast das Ende der Kurve vor der Tribuene.
Hier ist ein bisschen was los. Wir begreifen die Situation nicht, oder vielleicht
verstehen wir sie auch, aber sie erscheint uns unmöglich. Einige Fans befinden sich
auf dem Mauerring, der mir in diesem Moment kleiner als irgendwo anders vorkommt;
der Stacheldraht beschädigt. Andere Fans reichen ihnen Behälter; es scheinen Bierkästen
zu sein. Vielleicht bringen sie auch Spruchbänder hinein, aber etwas sagt mir, dass
der erste Eindruck der richtige ist. Diese Leute erscheinen mir weniger freundlich
als die die wir vorhin getroffen haben; also entscheiden wir, uns hier nicht allzu
lange aufzuhalten und wir beeilen uns wegzugehen. wieder die beruhigende Farbe weißschwarz
an, und wir sehen auch einen Zaun mit einem Schild darüber auf dem „Juventus“ steht.
Es ist nicht gesagt, dass das der Eingang unseres Sektors ist, aber eine genauere
Betrachtung des Stadionplans, der sich auf der Rückseite des Eintrittstickets befindet,
lässt uns vermuten, dass es genauso sei. Ich frage alle die ich treffe ob das der
Sektor „N“ sei, und pünktlich wie immer nehmen mich Gino und Fabio auf den Arm.
Wir sind angekommen, und auch wenn es noch ein wenig früh ist, entschließen wir
uns hier zu bleiben. Die Jahre der Fußballspiele in der Als wir beim Sektor der
Tribünen vorbei sind, nimmt die Umgebung „Comunale“ haben uns gelehrt, dass, wenn
Du nicht sofort beim Öffnen vor dem Eingangstor stehst, nur die schlechten Plätze
für dich übrig bleiben
Der Nachmittag schreitet voran; es ist heiß (warum geben sie dir immer ein Fanhemd
mit winterlich langen Ärmeln wenn du ein offizielles kaufst?). Die Anzahl der Fans
nimmt zu und alle drängen sich eng zusammen. Schon seit einiger Zeit haben wir darauf
verzichtet zu sitzen und außerdem hat sich auch ein berittener Polizist unter die
Gruppe gemischt. Ich, bei meinem Glück, befinde mich Auge in Auge mit dem Vierbeiner.
Ich hoffe, er wurde gut dressiert. Ich grinse den Polizist an, in der Hoffnung,
dass er verstehen würde, dass sich hier keine Gangster befinden; aber er bewegt
sich nicht vom Fleck. „Na gut, das Wichtigste ist, dass du Fury unter Kontrolle
hast“, denke ich.
Die Aufregung steigt. Die Batterie meiner Armbanduhr hat mich im Stich gelassen,
aber ich denke, dass es bereits so weit sei. Sie öffnen. Es ist wie ein Schock .
Schon vor dem eintreten beginnen die Chöre „Juve, Juve“. Wir sind drin. Wir lassen
uns an einer annehmbaren Stelle nieder, in der Nähe der Tribünen und beginnen den
Schauplatz des Spiels zu mustern. Der Rasen ist eine Pracht. Hier scheint das Grün
– sei es möglich – viel grüner; was für ein Wunder. Aber der Rest ist nichts Besonderes:
das Stadion wirkt nicht allzu groß; sicherlich ist es sehr alt und jedenfalls schlecht
in Stand gehalten. Sogar die breiten und flachen Stiegen sind zum Teil zerbröckelt.
Ich glaube, dass fast das „Comunale“ besser sei, das ich aber so oft angeschwärzt
habe. Es beginnen wieder die üblichen „Machtspielchen“ auf den Rängen, als ob die
Anzahl der Fans entscheidend wäre. Ich betrachte die gegenüberliegende Tribüne,
wo sich unsere „Feinde“ befinden. Aber nicht alles ist rot: im Sektor in Richtung
Tribüne sind auch Juvefans. Wer weiß, vielleicht sind wir so viele, dass sie uns
auch diesen Teil reserviert haben. Inzwischen füllt sich das Stadion. Um das Warten
zu verkürzen unterhält man sich, man liest die Zeitung die man mühsam vom Nachbarn
erbettelt hat. Manchmal beginnt jemand mit einem Chor und so halten wir unsere Schals
und Fahnen hoch und singen um uns Mut zuzusprechen in der Hoffnung ihn auch an die
Spieler weiterzugeben. Hinter mir ist einer, der ein Spruchband mit der Aufschrift
„Mama, ich bin hier“ in der Hand hält. Das hatte mir gerade noch gefehlt.
Die Aufregung steigt immer mehr. Ich kann mich nicht mehr beruhigen; wenn das
so im Schritttempo weiter geht, habe ich schon bald vor Beginn des Spiels keine
Fingernägel mehr.
Ein Dröhnen. Leute mit Juvedress sind auf das Spielfeld getreten. Von hier erkenne
ich die Gesichter nicht, es könnte der Masseur sein, genauso aber auch Platini.
Wie lange dauert das noch? Es ist fast sieben Uhr. Noch etwas Zeit; die Minuten
scheinen mit dem Warten länger zu werden. Ich beruhige mich. Aber das dauert nicht
lange an.
Ein Beben geht durch unsere Kurve, vielleicht tauchen die Spieler auf um das
Spielfeld zu begutachten. Nein, es passiert etwas in der gegenüberliegenden Kurve.
Ich versuche die Situation zu verstehen. Von den zwei Sektoren der Liverpoolfans
aus, werden Gegenstände in Richtung des Sektors der Juvefans geworfen. Es sieht
aus als wären es Flaschen, vielleicht Steine; ich kann es nicht genau sehen. Der
Teil der „Weißschwarzen“ pfeift, auch wir pfeifen. Müssen sie gerade heute Abend
Unruhe stiften? Zwischen den beiden Fangruppen entsteht ein Streit. Dann, als ob
sie von einem einzigen Impuls gelenkt würden, beginnen die Liverpoolfans sich in
Richtung der Juvefans zu begeben. „Es wird wohl Absperrungen geben“, sage ich mir
„die Polizei wird schon kommen“, hoffe ich „sie werden hoffentlich stehen bleiben“,
bitte ich. Sie bleiben stehen. Aber nur für einen kurzen Moment. Als wären sie von
irgendwas getrieben worden, ziehen sich die Engländer zurück und beginnen von Neuem.
Dieses Mal bleiben sie aber nicht stehen, sie gehen immer weiter. Die Masse der
„Weißschwarzen“ rückt in Richtung der Tribünen, vielleicht verlassen sie das Stadion.
Von hier sehe ich, dass sich viele der Richtung des Spielfeldes zuwenden. Vielleicht
haben die Zuständigen die Gittertore geöffnet und lassen die Fans aufs Feld treten
um Probleme zu vermeiden. Der Sektor ist fast leer. Und die Liverpoolfans sind stehen
geblieben; langsam bewegen sie sich wieder in ihren Sektor zurück und singen. Wir
versuchen die Situation zu begreifen, aber von hier ist es schwierig.
Der Lautsprecher des Stadions schweigt. Wir hoffen, dass sie das Spiel nicht
verschieben. Das wäre echt der Gipfel bis hierher gekommen zu sein und das Spiel
nicht gesehen zu haben. Die Minuten vergehen. Der Sektor der Juvefans bleibt leer,
all seine Besetzer befinden sich auf dem Feld. Es scheint als hörte ich Sirenen.
Die Polizei kommt, oder es sind Krankenwagen; vielleicht hat sich jemand verletzt.
Die Zeit vergeht, jetzt allerdings zu schnell. Also wirklich, was machen sie?
Warum sagen sie nichts? Der Lautsprecher des Stadions beginnt Töne von sich zu geben,
aber das Durcheinander ist groß und die Nachrichten kommen in Bruchstücken. Wir
schaffen es zu verstehen, dass die Kapitäne der Mannschaften eine Verlautbarung
vorlesen werden. Man hört eine schüchterne Stimme, es ist Scirea – er sagt uns:
„Das Spiel wird stattfinden um den Ordnungshütern bei der Evakuierung des Platzes
zu helfen. Bleibt ruhig. Reagiert nicht auf die Provokationen. Wir spielen für Euch.“
Dann eine andere Mitteilung, dieses Mal auf Englisch. Es ist Neal, der Kapitän von
Liverpool. Wir verstehen ihn nicht. Aber ist das Spiel gültig?
Das Spielfeld ist noch immer voll von Leuten, zu denen Polizeimannschaften und
Soldaten hinzukommen die sich rund um die Absperrlinie des Feldes aufstellen. Das
Durcheinander, wenn überhaupt möglich, nimmt zu als einige Juvespieler, immer umgeben
von einer Menge Personen, das Feld betreten. Sie erreichen fast unsere Kurve. Im
Gedränge glaube ich Cabrini zu entdecken, aber ich bin mir nicht sicher. Es ist
spät, der Zeitpunkt des eigentlichen Anpfiffs ist schon vorbei. Scirea hat gesagt:
„Wir spielen für Euch“, ich hoffe sie haben es sich nicht noch einmal anders überlegt.
Kaum wahrnehmbar hat sich das Feld geleert, all die Leute die dort vorher waren
sind verschwunden. Vielleicht sind die Juvefans, die auf das Feld geflohen waren,
jetzt in andere Sektoren aufgeteilt worden. Wir haben bemerkt, dass viele Zuseher
der Tribüne zu unserer rechten Seite gegangen sind. Vielleicht hatten sie wegen
dem Getümmel Angst. Wir sehen einen Durchgang in der Absperrung zwischen den Sektoren
und viele Fans in der Kurve gehen durch um sich in den Tribünen niederzulassen.
Auch wir machen das, wir wollen ein wenig besser sehen. Keiner ist da um uns aufzuhalten.
Es ist schon neun Uhr vorbei als das Spiel beginnt. Die Minuten die vorher langsam
vergingen, gehen jetzt zu schnell vorbei. Die Mannschaften spielen ziemlich gut,
alles scheint normal. Ich will mir einbilden als wäre alles normal. Wir führen einige
gute Aktionen durch, aber auch die anderen scherzen nicht. Sie sind stark, wir wussten
es. Tacconi übertrifft sich mehr als einmal. Am Ende der ersten Halbzeit steht es
0:0. Wir geben einige Kommentare ab, jeder hat seine eigene Taktik um zu gewinnen,
aber wir alle scheinen nicht sehr davon überzeugt zu sein. Ein ungutes Gefuehl kommt
auf. Die Mannschaften der zweiten Halbzeit kommen herein. In der Juvemannschaft
wurde keiner ausgetauscht. Es vergehen etwa zehn Minuten, dann ein Blitz. Boniek
bricht aus. Die Zurufe steigen an, die zu einem Dröhnen werden als die Verteidiger
der Liverpoolmannschaft ihn niederstrecken. Elfmeter! „Aber war es einer?“ Der Schiedsrichter
sagt ja. Platini schießt. Genau unterhalb der Kurve der Unruhen. Anders als sonst,
schaue ich mir dieses Mal den Schuss an. Tor! Wir werden siegen. „Wie viel Zeit
bleibt noch?“ Jetzt will Liverpool nicht verlieren, und treibt uns in den eigenen
Verteidigungsraum zurück. Mein Herz schlägt wie verrückt. Tacconi wehrt auch die
Fliegen ab. Es ist fast vorbei. Eine Auswechslung für Juve. Briaschi geht hinaus,
Prandelli kommt herein. Wir sichern uns ab, Trap hat länger als üblich damit gewartet.
Es fehlt nur mehr ganz wenig. Eine weitere Auswechslung. Vignola kommt anstelle
von Rossi. Es ist vorbei! Wir haben gewonnen.
Wir fallen uns um den Hals. Gino weint, aber er will es nicht zeigen. Die Kurve
zu unserer linken Seite, wo wir vorher gewesen waren, ist ein weißschwarzes Meer.
Wir warten auf die Siegerehrung, wir wollen den so sehr gewünschten Pokal haben.
Die Zeit vergeht, aber wir sehen nichts. Haben wir was versäumt? Weitere Minuten,
nichts passiert. Was machen sie? Hat sich das Ritual verändert? Nein, endlich kommen
die Spieler. Nicht alle sind da. Platini läuft unter der Kurve. Foto. Tardelli und
Boniek laufen direkt vor uns vorbei. Noch ein Foto. Der mit dem Bart, wer ist das?
Favero. Ein weiteres Foto. Ich sehe keine anderen Juvespieler. Und wo ist der Pokal?
Keiner ist mehr auf dem Feld, ausgenommen Polizisten und Zuständige. Das Stadion
leert sich, heute Abend passiert nichts mehr. Wir entschließen uns zu gehen. Wir
kehren zum Bus zurück. Mit einem Auge auf die roten Hemden. Nach all dem was passiert
ist, man weiß ja nie.
Wir treten die Heimreise an. Kaum aus Brüssel draußen, bleiben wir auf einer
Autobahnraststelle stehen. Sie ist geschlossen. „Aber warum? Bei uns sind sie immer
offen, oder fast immer“. Wir fahren weiter. Wir sind hungrig. Eine andere Raststätte.
Wie ausgemacht. Kaum sieht jemand den Bus kommen, schließen sie. Wir bleiben hungrig
und nehmen uns nur der physiologischen Bedürfnisse an. Wir fahren weiter. Wir fahren
die ganze Nacht und erreichen die Schweizer Grenze im Morgengrauen. Endlich, eine
geöffnete Raststation. Wir bleiben stehen und überfallen buchstäblich die Bar. Wir
schauen uns verwundert an. Eine Kellnerin weint. Was passiert hier? Ich suche den
Zeitungsstand. Ich will mir eine Ausgabe der Gazzetta kaufen um sie als Erinnerung
aufzuheben. Aber ich finde keine. Es gibt nur deutsche Zeitungen. Ich kaufe mir
eine. Ich hab ein schulisches Wissen von der deutschen Sprache; aber ich erkenne
sofort das Wort, das auf der ersten Seite der Zeitung neben einer so hohen Zahl
hervorsticht, dass es gar nicht wahr sein kann: „Tote“. Und die Bilder die ich sehe,
versetzen mir einen tiefen Stich ins Herz. Für immer.
Am frühen Nachmittag sind wir zu Hause. Ein Bekannter bietet mir an mich vom
Busterminal nach Hause zu fahren. Er sagt mir, dass sie mich in meinem Ort als vermisst
gemeldet haben. Ich ging als Gruppenführer auf der Liste der Fans, die von hier
abgefahren waren, hervor. Diejenigen, die mit dem Flugzeug früher als wir zurückgekommen
waren, hatten erzählt, dass sie mehrmals meinen Namen vom Stadionlautsprecher durchgesagt
gehört hatten. Das ist unmöglich, ich hatte nichts gehört. Er sagt mir, dass auch
meine Freundin beim Außenministerium angerufen hat. Sie konnten ihr keine Auskünfte
geben. Ich komme nach Hause. Meine Mutter umarmt mich und weint. Mein Vater schweigt.
Er sieht mich an und geht zur Arbeit. Jahre später würde er mir sagen, dass er noch
nie so eine Angst gespürt habe, nicht einmal zu Kriegszeiten.
Ich habe mir die Aufzeichnungen dieses Abends nie anschauen wollen.
Sergio